Die menschliche Evolution2,5 Mio. v. Chr. – 9000 v. Chr.
Die Träger der Menschheitsgeschichte
haben sich vom Homo habilis vor 2,5 Mio. Jahren bis zum heutigen Homo sapiens
sapiens kontinuierlich entwickelt. Von Afrika ausgehend verbreitete sich der
Mensch über alle Kontinente, und erst mit der Erschließung Südamerikas
vor ca. 34 000 Jahren war die weltweite Besiedlung abgeschlossen. Die
Voraussetzungen der erfolgreichen Anpassung an die unterschiedlichsten Natur-
und Klimabedingungen waren dabei neben der biologischen Evolution, die Beherrschung
des Feuers und Innovationen in der Werkzeugherstellung und bei der Organisation
des sozialen Lebens.
Anfänge der Menschheit
Die Trennung der Entwicklung von Affe
und Mensch wird vor 7 bis 5 Mio. Jahren vermutet. Fossilien aus diesem Zeitraum
konnten bisher jedoch nicht gefunden werden („Missinglink“).
Die ersten Vormenschen, die Australopithecinen („südliche Menschenaffen“),
lebten zwischen 4 und 1 Mio. Jahren im östlichen und südlichen Afrika.
Neben ihrem aufrechten Gang – dem entscheidenden Moment auf dem Weg
zur Menschwerdung – wiesen sie keine menschlichen Züge auf, und
ihre Entwicklung führte in eine Sackgasse. Als erster Mensch gilt der
vor 2,5 Mio. Jahren ebenfalls nur in Afrika lebende Homo habilis („geschickter
Mensch“), der ein entwickelteres Gehirn hatte und erstmals roh behauene
Steinwerkzeuge benutzte. Damit erweiterte er seine Nahrungsauswahl und die
Nutzung anderer Stoffe wie Holz oder Tierhäute.
Homo erectus
Vor 1,7 Mio. Jahren tauchte der Homo
erectus („aufrechter Mensch“) auf, der ein größeres
Gehirn als der Homo habilis aufwies und mit dem Faustkeil einen bedeutenden
Wandel in der Entwicklung der Werkzeugtechnik herbeiführte. In dieser
Zeit des Altpaläolithikums trat anstelle der Wildbeuterei die spezialisierte
und organisierte Großwildjagd – ein Zeichen zunehmender Arbeitsteilung.
Die ältesten Spuren des Homo erectus in Europa sind 1,5 Mio. Jahre alt.
Als er vor ca. 500 000 Jahren den Gebrauch des Feuers erlernte, war
dies nicht nur für die Nahrungszubereitung wichtig, sondern diente auch
dem Schutz vor Raubtieren und Kälte. Diese Fähigkeit ermöglichte
ihm eine bessere Anpassung an fremde Umweltbedingungen in Asien und eine weitere
Erschließung des unwirtlichen Lebensraumes Europa, das damals hohen
Klimaschwankungen unterlag. Der älteste Menschenfund Europas ist der
650 000 Jahre alte Unterkiefer von Mauer bei Heidelberg, und die ältesten
Feuerstellen der Erde werden auf 400 000 Jahre datiert.
Neandertaler
Der Neandertaler war der erste Vertreter
des Homo sapiens („vernunftbegabter Mensch“), der in Eurasien
auf den Homo erectus folgte. Schließt man die Übergangsformen der
Prä- und Anteneandertaler ein, lebte er zwischen 300 000 und 40 000.
In diese Zeit des Mittelpaläolithikums fällt mit der Levallois-Technik
eine neue Steinbearbeitung, die das Rohmaterial effektiver ausnutzte. Die
Steingeräte dienten zum großen Teil der Bearbeitung von Holz, dessen
Überreste sich über die Jahrtausende jedoch nicht erhalten haben.
Der Neandertaler hatte ein dem Jetztmenschen vergleichbares Gehirnvolumen,
unterschied sich von ihm aber durch seinen kräftigeren Knochenbau, das
vorspringende Gesicht und die mächtigen Zähne. Die Siedlungsplätze
dieser Großwildjäger waren weiter ausdifferenziert: Neben Bereichen
der Werkzeugherstellung sind Wohnflächen oder Areale zur Tierzerlegung
zu unterscheiden. Entgegen der weit verbreiteten Annahme eines kulturlosen
Primitiven hat man sich den Neandertaler als entwickelten Menschen vorzustellen,
der seine Toten mit Schmuckbeigaben und Blumen bestattete.
Homo sapiens
Die Zeit des Jungpaläolithikums
gilt als erste Epoche des Jetztmenschen, des Homo sapiens sapiens. Auch dessen
Ursprünge lagen in Afrika, denn die dortigen ältesten Funde sind
ca. 100 000 Jahre alt und somit bedeutend älter als die Funde
Europas oder Asiens. Erst der Homo sapiens sapiens besiedelte Australien und
Amerika. In Europa löste er den Neandertaler vor ca. 40 000 Jahren
ab. Es war die Zeit revolutionärer Entwicklungen, deren rasante Ausbreitung
nur mit dem zunehmenden Kontakt zwischen den verschiedenen Gruppen zu erklären
ist: Standardisierte Steinwerkzeuge wurden in Massenproduktion gefertigt,
Geräte aus den vorteilhafteren Materialien Knochen und Geweih gewannen
an Bedeutung, mit der Erfindung der Speerschleuder als erster Fernwaffe erhöhte
sich die Effizienz der Jagd. Erst spät traten neben der Harpune auch
Pfeil und Bogen als Waffenform auf. Dass die isolierten Ureinwohner Australiens
bis zu ihrer „Entdeckung“ im 18. Jahrhundert Pfeil und Bogen
nicht kannten, unterstreicht die Wichtigkeit von Kontakten zur Ausbreitung
innovativer Waffen- und Jagdtechniken.
Kultur und Gesellschaft
Die weitergehende Differenzierung der
Gesellschaftsorganisation und Arbeitsteilung zeigt sich an den Siedlungsstrukturen:
Außer ganzjährig besiedelten Stammlagern wurden von Gruppenteilen
saisonabhängige Jagdlager bezogen. Da nun nicht mehr alle Menschen zum
Lebensunterhalt der Gruppe beitragen mussten, konnte sich die Kunst entwickeln.
Sie war zumeist religiös motiviert. Neben der Kleinkunst, wie den Venusfiguren
oder aufwendig verzierten, nicht zur Jagd vorgesehenen Waffen, wird dies vor
allem bei der monumentalen Höhlenmalerei deutlich. Höhepunkte dieser
Kunst sind die Höhlen von Lascaux (Frankreich), Altamira (Spanien) und
die im Dezember 1994 entdeckte Chauvet-Grotte in Südfrankreich. Die Erweiterung
des Aktionskreises und der aufkommende Handel werden durch die Verbreitung
nicht-lokaler Rohstoffe zur Werkzeugherstellung belegt. Die Ausbildung vielfältiger
Traditionen und Geräteformen deutet auf eine Zersplitterung in immer
kleinere lokale Gruppen. Diese Tendenz fand in der folgenden Phase des Mesolithikums
ihre intensivste Ausprägung.