Vom Feind zum Freund
Im Europa des 17. Jahrhunderts galt der Wald noch als ein Ort der Gefahr. Er lieferte den Nährboden für Schauergeschichten, und wenn möglich, mieden die Menschen ihn. Sie waren überzeugt: in seinem undurchdringbaren Dunkel lauert das Böse. Kurzum, die Natur war ein Feind.

In so einer Umgebung entspannen wir. Das ist sogar körperlich messbar.
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Den wohligen Effekt solcher Motive weiß sich auch die Werbung zunutze zu machen. Natur vermittelt das Gefühl von Geborgenheit und erweckt gleichermaßen Abenteuerlust. Wie kommt das? „Wo sich unsere Vorfahren zu Urzeiten sicher fühlten, fühlen wir uns immer noch wohl. Zum Beispiel in Wassernähe, denn Wasser sicherte die Lebensgrundlage“, erklärt der Soziologe und Physiker Rainer Brämer. Andererseits liege in landschaftlicher Weite der Reiz des Fremden und erwecke den Entdeckermut. Den brauchte der Mensch von damals neben Sicherheit eben auch, um neue Jagd- und Sammlergründe zu erkunden. Brämer stützt sich dabei auf die Evolutionspsychologie, ein Forschungszweig, der das Verhalten der Menschen auf Erkenntnisse aus der Evolution zurückführt.
Allerdings wirken sich nicht alle Naturlandschaften positiv auf unser Gemüt aus. In einem Experiment schickte die Schweizer Psychologin Dörte Martens ihre Versuchspersonen auf einen Spaziergang durch gepflegten sowie durch wilden Wald. Das Ergebnis: Nachdem die Teilnehmer den gepflegten Wald verlassen hatten, waren sie weitaus besser gelaunt als nach der Tour durch den wilden. Hier hatten sie das viele Buschwerk und umherliegendes totes Holz als bedrohlich empfunden. Können wir Menschen Natur also nur genießen nach dem Motto „Ja, aber bitteschön geordnet“? Das könnte den Wandel erklären vom Naturfeind vor 400 Jahren zum Freund in der Gegenwart. Über die letzten Jahrhunderte hinweg kultivierten die Gesellschaften vor allem in den gemäßigten Breiten ihre Landschaften mehr und mehr.