Das alte Ägypten 2600–2000 v. Chr.
Über nahezu drei Jahrtausende
beherrschten die Pharaonen die Niloase und bildeten zeitweise die wichtigste
Macht im Mittelmeerraum. Grundlagen der Entwicklung des zentralistisch geführten
Staatswesens waren die Entwicklung der Schrift und die jährlichen Überschwemmungen
des Nils, der fruchtbaren Schlamm auf den Feldern verteilte: Ein Überschuss
an Nahrungsmitteln ermöglichte die Entstehung einer arbeitsteiligen Gesellschaft,
deren Kultur das Altertum über lange Strecken prägte.
Frühzeit
Um 3000 v. Chr. einigte König Narmer die Reiche
Unter- und Oberägyptens. Von der neu geschaffenen Hauptstadt Memphis
aus regierte der Pharao die 42 Gaue. Der König galt als Inkarnation des
Gottes Horus, der durch ihn die Weltgeschicke lenkte. Der göttliche Herrscher
war unanfechtbar – keine Instanz weltlicher oder göttlicher Natur
stand über ihm. Die Entwicklung der Hieroglyphenschrift ermöglichte
die effektive, zentralistische Verwaltung des Reiches durch eine Beamtenkaste.
Lesen und Schreiben galten als Privileg und durften nur von Auserwählten
ausgeübt werden.
Altes Reich
Die Pyramiden gelten noch heute als
Sinnbilder des ägyptischen Reiches und seines Glanzes. König Djoser ließ
um 2600 v. Chr. in Saqqara die erste Steinpyramide errichten, die den
ersten Monumentalbau der Menschheitsgeschichte darstellt und die Blütezeit
des Alten Reiches einleitete. Unter den Pharaonen
Cheops,
Chephren und Mykerinos entstanden die Pyramiden von Gise,
die von riesigen Arbeiterheeren aus Bauern während der Überschwemmungsmonate
des Nils angefertigt wurden, in denen sie arbeitslos waren. Die Grablegen
dokumentieren das Selbstverständnis der Pharaonen als allmächtige
Herrscher. Möglicherweise trugen die immensen Belastungen durch die Bauarbeiten
zu den um 2465 v. Chr. einsetzenden Thronwirren bei. Die Könige
der 5. Dynastie galten nicht mehr als inkarnierte Götter, sondern
als Söhne des neuen Sonnen- und Staatsgottes Re. Die Gauverwalter, der
Beamtenapparat und die Priesterschaft gewannen an Unabhängigkeit vom
Pharao. Vom Herrscher vergebene Lehen wurden erblich und etablierten regionale
Fürstentümer, die eigene Machtzentren bildeten. Erneute Thronwirren
mündeten 2134 v. Chr. in die Spaltung des Reiches in eine nördliche
und südliche Hälfte.
Mittleres Reich
Die erneute Reichseinigung gelang Mentuhotep I.
um 2040 v. Chr. (Mittleres Reich).
Sesostris III. (1878–1841 v. Chr.) gliederte
im Süden Teile des goldreichen Nubiens an. Die Sinaihalbinsel und das
südliche Palästina gerieten unter ägyptische Kontrolle. Er
schaltete endgültig die Gaufürsten aus und knüpfte Handelskontakte
nach Mesopotamien und Kreta (minoische Kultur). Mit dem Erlöschen der
12. Dynastie 1785 v. Chr. begann eine erneute Zeit des Niedergangs,
die in der 1650 v. Chr. errichteten Fremdherrschaft der semitisch-churritischen
Hyksos gipfelte. Ihre Überlegenheit entstand insbesondere durch die Verwendung
zweirädriger Streitwagen. Die Übernahme dieser technischen Neuerung
im Kriegswesen durch den thebanischen König
Ahmose I. führte 1551 v. Chr. zur Vertreibung
der Hyskos. Er wurde der Begründer des Neuen Reiches.
Neues Reich
Der Höhepunkt des Hegemonialstrebens
wurde mit dem Regierungsantritt von
Thutmosis I. (1506–1494 v. Chr.) eingeleitet.
Die Pharaonen sahen sich als legitime Herrscher über die ihnen bekannte
Welt und etablierten das Reich zum wichtigsten Machtfaktor im Mittelmeerraum.
Hethiter, Babylonier und Assyrer mussten die ägyptische Vormachtstellung
in Vorderasien anerkennen. Erst mit
Amenophis III. endete 1402 v. Chr. die massive
Kriegs- und Expansionspolitik. Theben, die Hauptstadt des Reiches, war das
Zentrum der Welt, und sein Lokalgott Amun wurde oberster Reichsgott. Die religiöse
Komponente führte jedoch abermals zu einem Erstarken der Priesterschaft,
das die Herrschaft der Pharaonen gefährdete. Die monotheistische Reform
von Amenophis IV. (1364–1347 v. Chr.) sollte wahrscheinlich
die Macht des Königs gegen die Priester behaupten. Der Ketzerkönig
wurde Hohepriester des Re-Kultes, symbolisiert durch die Sonnenscheibe Aton.
Als Echnaton verlegte
er die Residenz nach Amarna und versuchte durch die Einführung eines
neuen, expressionistisch anmutenden Kunststils, den vollständigen Bruch
mit der Vergangenheit herbeizuführen. Der Pharao scheiterte jedoch am
Widerstand aller gesellschaftlichen Gruppen. Sein Nachfolger Tutanchamun verlegte die Residenz
zurück nach Theben und leitete die religiöse Restauration ein. Unter
den Königen der 19. Dynastie (1306–1186 v. Chr.) gewann
Ägypten außenpolitisch seine Vormachtstellung zurück, die
wegen der inneren Wirren geschwächt worden war. Der Niedergang
setzte bereits unter Ramses III.
(1184–1153 v. Chr.) ein, wenn ihm auch nochmals
die Abwehr von Angriffen aus dem Westen (Libyer) und Norden (sog. Seevölker)
gelang. Das Reich befand sich in ständigen Abwehrkämpfen gegen eine
wachsende Zahl aufstrebender Staaten.
Spätzeit
Im 10. Jahrhundert v. Chr.
entstand im Süden das Reich von Kusch, dem im 8. Jahrhundert v. Chr.
die Eroberung von Memphis gelang. 671 v. Chr. wurde die Stadt von den
Assyrern zerstört, die 663 v. Chr. auch Theben einnahmen. Eine letzte
Blütezeit setzte nach dem Niedergang der Assyrer um 630 v. Chr.
mit den Herrschern der 26. Dynastie ein. Ihre Bauten und Kunstwerke knüpften
bewusst an die Traditionen des Alten und Mittleren Reiches an. Erneute Expansionsbestrebungen
in Vorderasien scheiterten aber mit der Niederlage von Necho II. 605 v. Chr.
gegen die Babylonier. Die Einnahme Zyperns dokumentiert aber die erfolgreiche
Aufrechterhaltung der ägyptischen Seeherrschaft. 525 v. Chr. wurde
Ägypten schließlich von den mächtigen Persern erobert und
eine Satrapie dieses Weltreiches. Erst
Alexander der Große befreite 332 v. Chr. Ägypten
unter dem Jubel der Einheimischen von der Fremdherrschaft. Die Zeit des Hellenismus
begann.