Jugendstil
um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert verbreitete Stilrichtung, die in Deutschland nach der seit 1896 in München erscheinenden Zeitschrift „Jugend“ und ihrer Art der grafischen Gestaltung benannt wurde. Der deutschen Bezeichnung Jugendstil entsprechen französisch Art Nouveau und englisch ebenfalls Art Nouveau oder Modern Style. Der Jugendstil war international verbreitet und entwickelte sich gleichzeitig in Frankreich aus dem Symbolismus (P. Gauguin, G. Moreau, O. Redon, Nabis), beeinflusst auch durch japanische Farbholzschnitte, und in England aus den kunstgewerblichen Aktivitäten der Präraffaeliten (W. Morris, D. G. Rossetti). Er nahm Einfluss auf alle Künste, hatte aber seinen Schwerpunkt im Bereich der bildenden Künste. Typisch für den Jugendstil sind florale und geometrische Ornamente, geschwungene Linien, flächenhafte Malerei sowie eine Stilisierung der menschlichen Gestalt, wie man sie u. a. in den BIldern A. V. Beardsleys und A. M. Muchas findet. Auch Künstlerpersönlichkeiten, die sich nicht in einen engen Stilbegriff zwängen lassen, wie E. Munch und H. de Toulouse-Lautrec, dessen Plakatkunst stilprägend wurde, sind in diesem Zusammenhang zu nennen.
Jugendstil (Kulturtabelle).sgm
Künstler | Werke |
Louis C. 600
350 | Glaskunst, Schmuck, Emailarbeiten |
Antonio Gaudí y Cornet (1852–1926) | Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona (1883–1926) |
René Jules Lalique (1860–1945) | Glaskunst |
Gustav Klimt (1862–1918) | Die drei Lebensalter (1908); Der Kuss (1908) |
Edvard Munch (1863–1944) | Madonna (1895–1902) |
Hermann Obrist (1863–1927) | Kleinmöbel, Kleinplastiken, Keramik |
Henry Clemens van de Velde (1863–1957) | Werkbundtheater in Köln (1914) |
Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901) | Marcelle Lender (1895); Plakate, z. B. Moulin Rouge (1892) |
Joseph Maria Olbrich (1867–1908) | Ausstellungshallen und Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe in Darmstadt (1905–1908) |
Richard Riemerschmid (1868–1957) | Dekorationsstoffe; Möbel |
Alfons Maria Mucha (1860–1939) | Monaco, Monte Carlo (1897); Sarah Bernhardt (1896; 1899) |
Aubrey Vincent Beardsley (1872–1898) | Buchillustrationen: Salome (1894); Isolde (um 1895) |
Jugendstil: Museen
Land | Stadt | Museum / Sammlung / Standort |
Belgien | Brüssel | Musée Horta |
Gent | Museum voor Sierkunst | |
Dänemark | Kopenhagen | Kunstindustrimuseet |
Deutschland | Berlin | Bröhan-Museum |
Chemnitz | Städtische Kunstsammlungen | |
Darmstadt | Hessisches Landesmuseum Künstlerkolonie Mathildenhöhe | |
Düsseldorf | Kunstmuseum | |
Essen | Museum Folkwang | |
Hagen | Karl-Ernst-Osthaus-Museum | |
Hamburg | Museum für Kunst und Gewerbe | |
München | Museum Villa
Stuck Neue Pinakothek Städtische Galerie im Lenbachhaus | |
Frankreich | Nancy | Musée de l'Ecole de Nancy |
Paris | Musée des
Arts Décoratifs Musée d'Orsay Musée du Petit Palais | |
Großbritannien | Glasgow | Glasgow School
of Art University of Glasgow, The Hunterian Art Gallery, Willow Tea Room |
London | Victoria and Albert Museum | |
Italien | Rom | Galleria Nazionale d´Arte Moderna |
Österreich | Wien | MAK - Österreichisches Museum für Angewandte Kunst |
Spanien | Barcelona | Parc Güell |
Tschechische Republik | Prag | Alfons-Mucha-Museum |
USA | Chicago | Art Institute of Chicago |
New York | Metropolitan Museum
of Art Museum of Modern Art | |
Washington, D. C. | National Gallery of Art |
Vom Schwung der Ornamentik wurde auch die Architektur, vor allem aber die Innenraumgestaltung erfasst (V. Horta und H. van de Velde in Brüssel, A. Gaudí y Cornet in Barcelona, H. Guimard in Paris). Im Kunstgewerbe wurden in erster Linie von der Glaskunst die Ideen des Jugendstils aufgegriffen (L. C. Tiffany in den USA). Ein Zentrum des Jugendstils in Deutschland war München, wo 1892 die Sezession von einer Künstlergruppe um F. von Stuck gegründet wurde. In Berlin wirkten W. Leistikow, L. von Hofmann, O. Eckmann, M. Klinger. In Darmstadt entstand eine Künstlerkolonie, die von J. M. Olbrich aus Wien beeinflusst war. In Österreich hieß der Jugendstil Sezessionsstil nach der 1897 gegründeten Wiener Sezession um G. Klimt und K. Moser. Die Architekten O. Wagner, J. Hoffmann und J. M. Olbrich entwickelten einen schlichten Baustil, der die folgenden nüchternen Architekturauffassungen vorwegnahm.
Der literarische Jugendstil lässt sich nur unscharf von verwandten Epochenbezeichnungen wie Impressionismus, Symbolismus oder Dekadenz abgrenzen. In vorwiegend literarischen Kleinformen wie Lyrik oder Erzählung dominierte vor allem die Darstellung des Traumhaft-Symbolischen, des Lebensrausches und der überfeinerten, ästhetischen Existenz, aber auch der narzisstischen Lust an Untergang und Verfall. Vertreter waren u. a. R. Beer-Hofmann, R. Dehmel, S. George, H. von Hofmannsthal, R. M. Rilke, A. Schnitzler. Besonderer Wert wurde auf die kompositionelle Einheit von Text und künstlerischen Gestaltung in Schrift und Buchschmuck gelegt.