Mike ist schwul. Anfang der 80er trieb er sich in San Francisco herum, dem Schwulenparadies. Da hat er sich den Virus eingefangen. HIV, die Strafe Gottes. Diese Reaktion auf Mikes Infektion mit dem HI-Virus hat es tatsächlich gegeben. Zum Glück nur selten und zum Glück würden die Stimmen der Selbstgerechten immer leiser, sagt Mike. Trotzdem wünscht er sich für die Zukunft nur eins: dass Aids und HIV nicht mehr als "schmutzige Krankheit" angesehen werden, dass sie ihr Stigma verlieren. Mit HIV zu leben sei schon schwer genug.

Mike hat keine Probleme über seine Krankheit zu sprechen. Aber der Vorname reicht für seinen Bericht, findet er.
Susanne Dreisbach
Das Virus seit einem Vierteljahrhundert im Blut
Kaffee, Wasser, Tee. Die Münchner Aids-Hilfe zeigt sich gastfreundlich. Ob ihr ehrenamtlicher Mitarbeiter Mike nervös ist, bleibt sein Geheimnis. Er gibt sich gelassen und scherzt über das Schneewetter und die Parkplatznot. Seit wie vielen Jahren er das Virus in sich trägt, weiß er nicht genau. Ein Vierteljahrhundert oder mehr vielleicht. Testen lassen hat er sich erst 1988 in München. Aber geahnt hatte er es wohl schon viele Jahre zuvor. Als das Ergebnis damals dann positiv, HIV-positiv, ausfiel, habe es ihn nicht wie ein Blitz vom Himmel getroffen, sagt der Engländer. "Dass es das Virus gab, das wusste man zu der Zeit bereits. In der Schwulenszene war es stark verbreitet. Ich musste damit rechnen." Womit er, der damals dreiundvierzig war, nicht gerechnet hat, war, fünfzig zu werden. Inzwischen ist er 65.