Der Berg © ast/Lesestein.de AST/LESESTEIN.DE Mit einer Höhe von 3798 Metern ist der Großglockner der höchste Berg Österreichs und namensgebend für die umliegende Gebirgsgruppe, die “Großglocknergruppe“. Woher er seinen Namen hat, weiß man heute nicht mehr genau. Wahrscheinlich verdankt er ihn entweder seiner Glockenform oder dem so genannten “Gold-klocken", einem Begriff für den Abbau von Gold.Der Großglockner liegt inmitten des Nationalparks Hohe Tauern, dem mit 1800 Quadratkilometern größten Nationalpark Mitteleuropas. Obwohl sich das Großglocknermassiv über die österreichischen Bundesländer Tirol (Osttirol) und Kärnten erstreckt, befindet sich der Gipfel des Bergs noch knapp in Kärnten. Und so wie Zermatt zum Matterhorn und Chamonix zum Montblanc gehören, gehört das Bergdorf Heiligenblut zum Großglockner. Im 13 Meter hohen Sakramentshaus der Pfarrkirche St. Vinzenz soll der Legende nach ein Fläschchen mit dem Blut Christi aufbewahrt sein, das einst neben dem erfrorenen Körper eines christlichen Söldners gefunden wurde und dem Dorf seinen Namen gab. Von Heiligenblut aus zeigt sich der Großglockner tatsächlich als gewaltige Glocke.Dass der höchste Punkt der Alpenrepublik ehemals zu den tiefsten Stellen eines Ozeans gehörte, zeugt von den gewaltigen tektonischen Kräften, die zur Entstehung der Alpen führten. Vor 100 bis 200 Millionen Jahren breitete sich im Bereich der heutigen Alpen ein großes Meer aus, die Tethys. Es war durch das langsame Zerbrechen des Riesenkontinentes Pangäa im Zuge der Kontinentaldrift entstanden. Pangäa teilte sich in die Eurasische und die Afrikanische Platte. Nachdem die kontinentale Kruste durch diese Vorgänge immer tiefer absank und das Tethys-Meer allmählich zwischen den Kontinentbruchstücken vordrang, stieg vor rund 170 Millionen Jahren, im Mittleren Jura, zwischen den auseinanderdriftenden Bruchstücken Basalt auf. Ein neuer Ozean, der Penninische Ozean, mit einem mittelozeanischen Rücken, wie wir es vom heutigen Atlantik kennen, öffnete sich.Dann aber, vor 95 Millionen Jahren drehte sich der Spieß um. Afrika drängte von nun an gegen Eurasien. Der basaltische Ozeanboden wurde durch die Einengung unter Afrika gedrückt (subduziert). Zum Teil wurde er aber auch über den Rand der Afrikanischen Platte geschoben und unter hohem Druck gemeinsam mit den Sedimenten des Ozeans zu einem schmalen Streifen zusammengeschoben, gefaltet und in seiner Struktur verändert. Er wurde metamorph und dadurch zu Prasinit. Im Tertiär, vor etwa fünf bis zehn Millionen Jahren, begannen die auf kleinstem Raum zusammengeschobenen und in den plastischen Erdmantel gedrückten Gesteine allmählich wie ein Korken, den man in zähen Honig drückt, zum Hochgebirge aufzusteigen. Die Erosion begann ihr Werk und der ehemals in die Tiefe gedrückte Ozeanbodenbasalt gelangte an die Oberfläche. Dort formten ihn Heraushebung, Verwitterung, Abtragung und schließlich die eiszeitlichen Gletscher zum Großglockner.GipfelstürmerSchon immer faszinierte die beeindruckende Form des Großglockners die Menschen. Im 18. Jahrhundert berichtet der Wissenschaftler Belsazar Hacquet, dass es keinen Berg in den Ostalpen gebe, der sich an der “Eleganz und Kühnheit" des Großglockners messen könnte.Nach der Erstbesteigung des Montblanc im Jahre 1789 herrschte eine regelrechte alpine Aufbruchstimmung. Der Kärntner Fürstbischof von Gurk, Franz Xaver Altgraf von Salm-Reifferscheidt (1749 - 1822), sah die Bezwingung des Großglockners als das “vornehmste Ziel wissenschaftlicher Betätigung". Der Kirchenfürst beauftragte im Jahr 1799 die Brüder Martin und Sepp Klotz, Zimmerleute aus Heiligenblut, einen Weg von Kärnten aus auf den Großglockner zu finden. Nach mehreren Versuchen in genagelten Schuhen und handgeschmiedeten Fußeisen endete der erste Anlauf 1799 am Kleinglockner, der durch eine ausgesetzte Scharte vom Großglockner getrennt ist. Der Fürstbischof organisiert 1800 eine weitere Expedition. Diesmal spannen die mutigen Bergsteiger Sicherungsseile über die gefährliche Scharte. Schließlich gelingt am 28. Juli 1800 der Gipfelsieg: Vier Heiligenbluter Führer, darunter wieder die beiden Brüder Martin und Sepp Klotz, sowie Pfarrer Horrasch aus Döllach stürmen den Glocknergipfel. Die Erstbesteiger stellten ein Holzkreuz am Glocknergipfel auf, das Jahre später einem Blitzschlag zum Opfer fiel. 1879 errichtete man das heutige Glocknerkreuz, das im Sommer 1999 erstmals renoviert wurde. Seit seiner Erstbesteigung ist der oft wolkenverhüllte Großglockner zum regelrechten “Bergsteiger-Magneten“ geworden. Einsamkeit sucht man an schönen Sommertagen am Glockner vergeblich.Nach 1870 ging es den Alpinisten nicht mehr darum, einen einfachen Weg auf den Großglockner zu finden. Die Steilflanken auf der Nordseite des Berges rückten in das Interesse der nun sportlich motivierten Bergsteiger. Besonderen Reiz übte die rund 600 Meter hohe Eisrinne zur Glocknerscharte aus. Am 18. August 1876 fand die große Eisrinne ihren Bezwinger: Alfred Markgraf Pallavicini. Er stammte aus einem alten italienischen Adelsgeschlecht und war Bergsteiger aus Leidenschaft. Gemeinsam mit den Heiligenbluter Führern Bäuerle, Kramser und Tribusser brach er um 6 Uhr vom Glocknerhaus zum großen Abenteuer auf. In der Eisrinne ging Tribusser voraus. Wegen der Steilheit der Rinne wagten die Führer nicht mehr, den Vortritt zu wechseln. Und so musste Tribusser alleine 2500 Stufen in das bis zu 55 Grad steile Eis hacken. Um 17 Uhr standen sie auf dem Gipfel des Großglockners. Die “Pallavicinirinne“ gehört heute neben dem Stüdlgrat und dem Normalweg über die Adlersruhe zu den “Klassikern“ am Großglockner.Leben am Berg © ast/Lesestein.de AST/LESESTEIN.DE Trotz des touristischen Rummels lassen sich am Großglockner hier und da Steinbock, Murmeltier & Co beobachten. Vielleicht nicht gerade unmittelbar an der 1935 eröffneten Großglockner Hochalpenstrasse, aber sicherlich auf Wanderungen oder Hochtouren rund um den berühmten Berg. Pflanzenliebhaber, Botaniker und Naturschützer verbinden mit dem Großglockner sofort eines: die Gamsgrube. Sie liegt jenseits der Pasterze an der Südflanke des Fuscherkarkopfes und ist Wallfahrtsort für Botaniker. Bedingt durch das kontinentale Klima, die sandig verwitternden Kalkglimmerschiefer und die Geländeform trifft man in der Gamsgrube meterhohe Flugsandanhäufungen an, wie sie während der Eiszeiten in den eisfreien Gebieten vorkamen. Die permanente Umgestaltung des Geländes durch den Wind hat hier eine eiszeitliche Flora erhalten, die in den Alpen einzigartig ist.Mythen, Legenden, GeschichtenFürstbischof Salm, der die enormen Kosten für die Erstbesteigung des Großglockners aus seinem Privatvermögen und nicht aus Kirchengeldern bestritt, begab sich insgesamt viermal samt Gefolge in das Glocknergebiet: 1799, 1800, 1802 und 1806. Er selbst ist jedoch nie bis auf den höchsten Gipfel gekommen. Zur Erinnerung an seine Person und an die versuchte Erstbesteigung des Großglockners ließ Fürstbischof Salm noch im Jahre 1799 eine Münze mit seinem Porträt und einer Darstellung der Spitze des Großglockners prägen. So entstand für die Nachwelt über längere Zeit der Eindruck, der Fürstbischof selbst hätte den Gipfel bereits im Jahr 1799 bezwungen.Neben Bergsteigern zog der Großglockner auch immer wieder Künstler in seinen Bann. Bekannt ist vor allem das “Große Glocknerpanorama“ des Biedermeiermalers Markus Pernhart (1824-1871) im Kärntner Landesmuseum. Für die Ausführung des Kolossalgemäldes bestieg der Maler, der selbst begeisterter Alpinist war, zwischen 1857 und 1860 insgesamt achtmal den Großglockner. Angeblich soll der wagemutige Künstler im September 1857 in nur vier Tagen den Großglockner dreimal bezwungen und dabei im Freien übernachtet haben. Um in der Kälte überhaupt zeichnen zu können, musste Pernhart ständig Ruhepausen einlegen, um die Finger aufzuwärmen. Mit zusammengekniffenen Augen kämpfte er gegen die drohende Schneeblindheit. Der Künstler hat die Details der Hochgebirgslandschaft mit topographischer Treue festgehalten.ast/Lesestein.de